Göteborg von den Älvsnabben aus entdecken
Wer Göteborg auf die billigste und gleichzeitig ungewöhnlichste Weise besuchen will, kann die Stadt vom Göta älv aus entdecken und dabei über 400 Jahre Geschichte erleben. Diese geschichtliche Reise dauert insgesamt kaum mehr als zwei bis drei Stunden, kostet nur rund sechs Euro und führt vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Auch wenn nur ein Stadtführer die letzten Geheimnisse dieser Reise entschleiern kann, so bleibt diese Entdeckung auch für alle andere ein unvergessenes Erlebnis.
Für diese Reise von der Vergangenheit bis zum modernen Göteborg benutzt man nur die Straßenbahn oder den Bus nach Klippan und dann die Fähre Älvsnabben. Da man mit zwei Fahrscheinen 180 Minuten Zeit hat und daher an einigen der sechs Haltestellen einen kleinen Ausflug zu Fuß machen kann, entdeckt man bei dieser Tour weitaus mehr als man bei den üblichen Führungen per Bus oder Boot.
Wenn man in Klippan ankommt, im Zentrum des historischen Stadtteils Majorna, so kommt man zu einem der ältesten Teil des heutigen Göteborgs, auch wenn dieser Teil bei der Gründung der Stadt im Jahre 1621 weit außerhalb der Stadtgrenze lag, denn am historischen Bootsmuseum und dem Lager der früheren Ostindienkompanie, dem heutigen Restaurant Sjömagasinet, war Endstation für alle größeren Schiffe, was auch, zumindest teilweise, erklärt, warum hier Karl IX. sein Göteborg erbauen wollte, das jedoch von den Dänen sehr schnell wieder zerstört wurde, warum hier die alten Bierbrauereien und Zuckerraffinerien errichtet wurden, warum hier eine der ersten Werften angelegt war, eine Fähre die beiden Flussseiten verband und auch, warum hier die erste Festung der Stadt, die Festung Älvsborg entstand. Auch wenn sich während der letzten 500 Jahre hier sehr viel verändert hat, so blieben aus jeder Epoche deutliche Spuren und teilweise auch Bauwerke erhalten, die ihre eigene Geschichte erzählen können.
Wenn man sich im Kulturreservat Klippan in Ruhe umgesehen hat und vielleicht selbst die alte Festung erstieg, nimmt man die Älvsnabben von Klippan nach Eriksberg, das auf der Göteborger Insel Hisingen liegt, der fünftgrößten Insel Schwedens, die sich von einem Industrieviertel zu einem modernen Stadtteil entwickelte. Bereits von der Fähre aus entdeckt man den weltweit bekannten Bockkran, der an eine der beiden größten Werften der Stadt erinnert, die sich dort entlang des Flusses erstreckten. Während der Wintermonate liegt hier der Nachbau der Götheborg vor Anker und das Flussufer hat sich zu einem Kunstwanderweg mit zahlreichen Skulpturen entwickelt.
Die Reise auf den Älvsnabben führt dann weiter nach Slottsberget, ein Name, der noch an das alte Schloss Lindholmen erinnert, von dem aber mittlerweile nichts mehr zu sehen ist, heute jedoch die Wohngebäude der früheren Werftarbeiter zu sehen sind. Während der kurzen Fahrt zwischen den beiden Haltestellen sieht man vom Boot aus am rechten Ufer erst die Stena-Fähre nach Deutschland liegen und dann den früheren Fischereihafen Göteborgs, an dem über 100 Jahre lang die Fischkutter anlegten, wo sich seit 1910 die Fischauktion befindet und von wo aus noch heute Lastwagen den gefangenen Fisch und die Schaltiere nach ganz Schweden transportieren, auch wenn der Fischereihafen als solches nach Fiskebäck verlagert wurde.
Auf dem Weg nach Lindholmen entdeckt man auf der rechten Seite des Göta älv das Seefahrtmuseum mit der wartenden Seemannsfrau, die Masthuggskyrkan an einer der höchsten Stellen der Stadt, um schließlich in Lindholmen mitten im wissenschaftlichen Zentrum der Stadt anzukommen, wo einige der bedeutendsten skandinavischen Firmen und die Universitäten ihre Forschung betreiben.
Auf der Überfahrt zur nächste Anlegestelle Stenpiren gehen die Älvsnabben erst an den Kränen der ehemaligen Werft vorbei, die 2015 jedoch stillgelegt wurde, um dann unmittelbar neben dem großen Hafenkanal anzulegen, der bei der Gründung der heutigen Stadt der wichtigste Zugang zur Innenstadt ausmachte. Hier lädt ein kleiner Bummel dazu ein, die Fischkirche zu erkunden und vielleicht auch einen kleinen Spaziergang über den Järntorget zurück zur Anlegestelle zu machen. Der Järntorget erinnert mit all seinen Skulpturen und dem Folkets Hus, dem Haus des Volkes, an sämtliche Arbeiterbewegungen der Stadt und ist bis heute ein Symbol des Widerstands gegen Adel, Ausbeutung und die Politik der Unterdrückung.
Von Stenpiren aus geht es dann zur letzten Anlegestelle, Lilla Bommen. Auf der rechten Seite tauchte früher zuerst ein Parkboot auf, das einzige seiner Art in ganz Europa, das heute am Hochhaus "Lippenstift" zu finden ist, anschließend das Pier Skeppsbron und das alte Zollgebäude, von wo aus über eine Million Schweden nach Amerika auswanderten und heute das staatliche Casino untergebracht ist, später die Boote zu den Schären ablegten und heute Ausflugsboote vor Anker gehen. Allerdings wird hier aktiv an einem "neuen" Göteborg gebaut, was den Blick auf das traditionsreiche Gebiet etwas stört. Nun geht die Reise noch am Erlebniszentrum Maritiman mit seiner Bootsammlung vorbei, um dann bei der Oper, dem Viermaster Barken Viking und dem Hochhaus Läppstiftet anzulegen.
Von Lilla Bommen aus nimmt man dann die Straße, die einen früheren Kanal ersetzte, um zum Gustav Adolf Torg, Brunnsparken und auch den Kronhusbodarna zu kommen und in das pulsierende Leben Göteborgs zurückzufinden, das im Kronhuset, dem ältesten Staatsgebäude des heutigen Göteborgs, Richtung Zentrum und zur Paradestraße Avenyn führt, die einst der Champs Elysée nachempfunden wurde.
Aber natürlich kann man auch nur die Fähre Älvsnabben hin und zurück nehmen, was rund 60 Minuten dauert, um neben den Sehenswürdigkeiten am Fluss, vor allem die Reise auf dem Sonnendeck zu genießen.