Göteborg: Werften, Textilien, Kugellager, Volvo

Göteborg entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer bedeutenden Wirtschaftsmacht Europas. Der Werftbetrieb lief unter Hochdruck, die Lederindustrie und die Spinnereien konnten der Nachfrage kaum nachkommen, die Schifffahrt florierte, das Kugellagerunternehmen SKF und dessen Tochterunternehmen Volvo entstanden. Nahezu die gesamten heute sichtbaren Kaianlagen stammen aus der industriellen Blütezeit Göteborgs und wurden zwischen 1910 und 1960 errichtet. Parallel zur industriellen Entwicklung begann auch die Kultur der Stadt zu blühen, da um diese Zeit, unter anderem, auch das Kunstmuseum, das Konzerthaus und das Stadttheater entstanden.

Cityvarvet Göteborg

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts dehnte sich daher Göteborg auch flächenmäßig mehr und mehr aus. In Hisingen, Backa und Lundby entstanden Wohnhäuser und 1939 wurde dann die Götaälvbron eröffnet, die die beiden Teile Göteborgs besser miteinander verband, wobei man nahezu 70 Jahre lang über eine sinnvolle Verbindung zwischen den beiden Seiten diskutiert hatte.. Neben den Werften auf der nördlichen Flussseite enstanden zur gleichen Zeit die Arbeitervororte Lindholmen, Ramberg und Brämaregården, was vor allem mit den dortigen Werften, später auch mit dem Bau der Volvofabriken, verbunden war.
 
In Vorbereitung der 300-jährigen Gründungsfeier Göteborgs wurde die Stadt innerhalb des Vallgrabens, die Kungsportsavenyn und vor allem der Götaplatsen zu einem Vorzeigeprojekt. Das Kunstmuseum und die Kunsthalle wurden erbaut, das Naturhistorische Museum eingeweiht und Liseberg mit seinen Gärten und seinen Revueveranstaltungen öffnete seine Tore. Auch wenn die Kungsportsavenyn bis zum Jahr 1865 zurückreicht, so bekamt sie erst mit der Entwicklung Göteborgs ab 1910 ihre Bedeutung und sollte die Champs Elysée Göteborgs werden.
 
Auch die Stiftungen sorgten zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem kulturellen Aufschwung der Stadt. Der Botanische Garten wurde ab 1915 angelegt, das Röhsska Museum und das Lorensbergsteater entstanden 1916, das Seefahrtsmuseum und das erste Konzerthaus 1933. Gesetzesänderungen machten jedoch ab 1930 Stiftungen zu einem kostenaufwendigen Unterfangen und führte dazu, dass die bis dahin freie kulturelle Entwicklung Göteborgs ab dieser Zeit gebremst wurde und mehr und mehr von der Stadt Göteborg gesteuert wurde, was bis heute fortsetzt.
 
Das 20. Jahrhundert verstärkte auch die Zweiklassengesellschaft Göteborgs weiterhin, was sich heute noch an der Geschichte der einzelnen Stadtteile nachverfolgen lässt und dessen Prozess bis heute nicht völlig abgeschlossen ist. Während in Lorensberg oder Landala Villen für den bürgerlichen Mittelstand entstanden, mussten sich Arbeiterfamilien mit einfachsten Wohnungen, die meist aus einem Raum mit Küche bestanden, zufrieden geben und sich mehr und mehr aus dem Zentrum Göteborgs entfernen. Trotz zahlreicher Gesetzesänderungen und der angestrebten Arbeit zur Gleichstellung der Bürger wird sich die um diese Zeit sehr deutliche Segregation auch in Zukunft nicht ändern.
 
Der Zweite Weltkrieg war für Göteborg eine starke Bedrohung und teilte selbst die Bevölkerung in zwei Fronten, nicht zuletzt deshalb, weil die Regierung und das Königshaus der Naziregierung offen gegenüberstanden, während Torgny Segerstedt, der Chefredakteur der Göteborgs Handels- och Sjöfarts-Tidning eine Frontfigur der Widerstandsbewegung war. Zahlreiche Hilfsschiffe Göteborgs wurden in dieser Zeit versenkt und 1944 musste wegen der hohen Bedrohung von deutscher Seite die Zufahrt zum Göta Älv durch das Versenken einiger Schiffe blockiert werden, was jedoch auch den Handel von Seiten Göteborgs weitgehend verhinderte.
 
Nach dem Friedensschluss im Mai 1945 hatte die Göteborger Industrie noch einen gewissen Anteil am Wiederaufbau und eine relativ starke Wirtschaft, aber die Weichen waren bereits gestellt und das Ende der großen Zeit für Werften, Fabriken und die Schifffahrt nach Amerika war eingeleitet und zeigte ab den 70er Jahren den Niedergang Göteborgs an. Die städtische Regierung der Stadt, die Gewerkschaften und die Arbeiterbewegung nahmen dies jedoch zu spät zur Kenntnis um vorbeugende Maßnahmen ergreifen zu können.